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Unternehmensergebnis   12.11.2025 15:53:57

Bayer erhöht PCB- und Glyphosat-Rückstellung - Quartal über Erwartung

LEVERKUSEN (awp international) - Bayer muss wegen der Rechtsstreitigkeiten in den USA rund um Glyphosat und PCB-Chemikalien weiteres Geld auf die Seite legen. In Summe belasteten diese höheren Rückstellungen das dritte Quartal mit fast einer Milliarde Euro. Den Jahresausblick für den bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) bestätigte Bayer-Chef Bill Anderson am Mittwoch, in dieser Kennziffer sind Sondereffekte wie beispielsweise die Rückstellungen allerdings nicht berücksichtigt. Im dritten Quartal übertraf Bayer mit dem operativen Gewinn dank Kostensenkungen die Erwartungen der Analysten. An der Börse zog der Aktienkurs an.

Analyst Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan sprach in einer ersten Reaktion von insgesamt starken Resultaten, die auch vom Agrargeschäft getragen worden seien. Er verwies aber auch auf die Umsatzeinbussen beim Augenmedikament Eylea, die die Aktionärsfreude etwas dämpfen könnten.

Bayers Aktienkurs stieg bis zum Nachmittag um rund fünfeinhalb Prozent auf 28,92 Euro. Im laufenden Jahr hat der Kurs bereits um 50 Prozent zugelegt. Langfrist bleibt das Bild aber trüb. Bevor sich Bayer die Glyphosat- und PCB-Rechtsstreitigkeiten 2018 mit der Übernahme des US-Agrarchemiekonzerns Monsanto ins Haus geholt hatte, hatten die Papiere noch um die 100 Euro gekostet.

Mit Blick auf die Rechtsstreitigkeiten in den USA sieht der Bayer-Chef Fortschritte und gibt sich unverändert zuversichtlich, diese bis Ende 2026 signifikant einzudämmen. Eine Rolle spielen dabei auch Vergleiche, wenn diese aus Sicht des Unternehmens vorteilhafter sind als anhaltende Rechtsrisiken und etwaige Prozesse mit den Klägern, die den Unkrautvernichter Glyphosat für ihre Krebserkrankung verantwortlich machen.

Zudem hatte Bayer schon vor einiger Zeit die Lobbyarbeit in US-Bundesstaaten intensiviert, um Gesetzesänderungen zu erwirken. Im Kern geht es dabei um die Debatte, ob Bundesrecht zu Warnhinweisen beim Verkauf der Unkrautvernichter über dem Recht von Bundesstaaten steht. Mit Blick auf diese Frage erhofft sich Bayer weiterhin ein Grundsatzurteil des obersten US-Gerichts, des US Supreme Court. Das kann aber noch dauern.

Die aktuelle Erhöhung der Rückstellungen begründete Anderson mit Vergleichsvereinbarungen sowie einem moderaten Anstieg der eingereichten Glyphosatklagen. Per Stand 15. Oktober spricht Bayer hier von 197.000 angemeldeten Ansprüchen, von denen rund 132.000 verglichen wurden oder die Vergleichskriterien nicht erfüllten. Das sind 5.000 angemeldete Ansprüche mehr als im Sommer.

Eine Rolle spielt dabei auch ein Rückschlag in den Streitigkeiten rund um die schon seit Jahrzehnten verbotene Umweltchemikalie PCB im Oktober. So hatte das oberste Gericht des Bundesstaates Washington ein erstinstanzliches Urteil gegen Bayer aus dem Jahr 2021 wieder in Kraft gesetzt, das drei Lehrern der Schule Sky Valley Education Center im Bundesstaat Washington (Fall "Erickson") Schadenersatz in Höhe von insgesamt 185 Millionen Dollar zugesprochen hatte. Die Leverkusener prüfen aktuell weitere Rechtsmittel.

Alles in allem erwartet Manager Anderson daher nun für 2025 Sonderbelastungen von 3,5 bis 4,0 Milliarden Euro, statt wie bisher geplant 2,5 bis 3,5 Milliarden Euro.

Unter dem Strich fiel wegen der Erhöhung der Rückstellungen in den drei Monaten bis Ende September im fortzuführenden Geschäft ein Verlust von fast einer Milliarde Euro an. Vor einem Jahr war das Minus wegen hoher Firmenwertabschreibungen auf das Agrargeschäft allerdings gut viermal so hoch gewesen.

Der Umsatz fiel im dritten Quartal im Jahresvergleich um gut drei Prozent auf 9,66 Milliarden Euro. Negative Wechselkurs- und Portfolioeffekte ausgeklammert, ergibt sich hingegen ein kleines Plus. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis im Tagesgeschäft (Ebitda) legte auch dank des laufenden Sparprogramms um gut ein Fünftel auf 1,51 Milliarden Euro zu.

So setzte Anderson von Anfang an auf einen radikalen Umbau des Managements. Von elf bis zwölf Hierarchieebenen im Konzern seien nun noch sechs bis sieben übrig, sagte er zur Wochenmitte in einer Telefonkonferenz mit Analysten. Von rund 15.000 Stellen im Management seien etwa 5.000 geblieben. Durch den Umbau soll Bayer agiler und Entscheidungen ohne Bremseffekte schneller getroffen werden. Angestellte sollen unternehmerischer handeln und selbst entscheiden - das Arbeitsmodell heisst "Dynamic Shared Ownership" (DSO). Laut Anderson zeigt das Erfolg: Neue Produktideen etwa würden schneller realisiert.

Für das Gesamtjahr hat Anderson für den um Wechselkurseffekte bereinigten Umsatz weiterhin 46 bis 48 Milliarden Euro auf dem Zettel stehen. Das operative Ergebnis soll auf dieser Basis 9,7 bis 10,2 Milliarden Euro erreichen. Da Bayer aber regelmässig die Schwäche südamerikanischer Währungen wie die des brasilianischen Real zu spüren bekommt, dürften Umsatz und Gewinn inklusive Wechselkurseffekten ein gutes Stück niedriger ausfallen.

Wenngleich das Management Bayer auf Kurs zu den Jahreszielen für den Gesamtkonzern sieht, wurde es für die Sparte Consumer Health rund um rezeptfreie Medikamente vorsichtiger. Hier ist jetzt währungsbereinigt sogar ein leichter Umsatzrückgang möglich. Im dritten Quartal lief es in der Sparte zumindest gewinnseitig noch besser als von Analysten gedacht; ebenso in der Agrarsparte. Beide Bereiche profitierten stark von Kostensenkungen.

Die Pharmasparte blieb mit dem operativen Gewinn etwas hinter der Konsenserwartung zurück. Einsparungen durch das laufende Effizienzprogramm - Bayer verschlankte unter Anderson das Management deutlich - konnten unter anderem höhere Aufwendungen für die Medikamentenentwicklung und sinkende Preise im Zusammenhang mit Patentabläufen nicht komplett auffangen. So sanken etwa die Erlöse mit dem Blutverdünner Xarelto und mit dem Augenmedikament Eylea deutlich.


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