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Zusammenfassung: Meldung, welche die Fakten eines Ereginisses zusammenfasst   16.09.2025 20:24:11

Nestlé-Präsident Bulcke nimmt früher als geplant den Hut

Vevey (awp) - Was sich abgezeichnet hat, wird nun Tatsache: Nestlé-Verwaltungsratspräsident Paul Bulcke tritt früher als geplant zurück. Zuletzt ist die Kritik und der Druck vor allem auch aus Aktionärskreisen am Urgestein des Nahrungsmittelkonzerns grösser und grösser geworden. Vizepräsident Pablo Isla rückt nach.

"Für mich ist jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen, mich zurückzuziehen und den geplanten Übergang zu beschleunigen", wird der 71-jährige Bulcke in einer am Dienstagabend veröffentlichten Mitteilung zitiert. Isla und der neue CEO Philipp Navratil könnten nun die Strategie vorantreiben und den Konzern mit neuen Perspektiven leiten.

Noch im Juli hatte Bulcke angekündigt, auf die Generalversammlung 2026 hin zurückzutreten und den Stab an den designierten Nachfolger Isla zu übergeben. Spätestens an der GV 2027 wäre er wegen Erreichens der Altersgrenze von 72 Jahren ohnehin ausgeschieden. Doch nun übernimmt Isla bereits Anfang Oktober das Zepter.

Ausschlaggebend dafür dürfte der schwindende Rückhalt von Grossaktionären sein. Nach der Trennung von CEO Laurent Freixe Anfang September nahm der Druck zu. Freixe stolperte über eine verheimlichte Affäre mit einer Direktunterstellten. Nach Mark Schneider im September 2024 war Freixe der zweite CEO-Abgang innert eines Jahres.

Aktionäre warfen Bulcke mangelndes Fingerspitzengefühl bei den Personalentscheiden vor. Zudem ging gemäss Medien die Sorge um, Bulcke würde bis im kommenden Frühjahr als "lame duck" mit zu wenig Einfluss auf das Geschehen bei dem im Umbruch stehenden Nahrungsmittelriesen amten.

Ende einer Ära

Mit dem Abgang von Bulcke endet bei Nestlé eine Ära. Er hat den weltgrössten Nahrungsmittelkonzern fast ein halbes Jahrhundert lang geprägt. Der Belgier trat 1979 in den Konzern ein und machte vom Marketing-Trainee über verschiedene Führungspositionen in Lateinamerika und Europa bis an die Unternehmensspitze Karriere.

Zwischen 2008 und 2016 war Bulcke CEO, ehe er 2017 den Vorsitz des Verwaltungsrats übernahm. Insgesamt stand der 71-Jährige damit fast zwei Jahrzehnte an der Spitze von Nestlé.

Unter seiner Führung richtete Nestlé das Geschäft auf margenstarke Premiumprodukte, Gesundheit und Innovation aus. Der Konzern trennte sich von wenig rentablen Sparten und baute Kaffee, Tiernahrung und Gesundheitsprodukte stark aus.

Analysten attestierten Bulcke einen strategischen, konsensorientierten Führungsstil, der Nestlé lange Zeit profitabel wachsen und den Börsenwert steigen liess. Doch seit Anfang 2022 verlor die Aktie massiv an Wert und den Aktionären bereiteten auch die Wachstumsflaute und der schleppende Umbau des Wassergeschäfts Sorge.

Pablo Isla übernimmt

Mit Pablo Isla übernimmt ein Kenner der Modebranche die Zügel bei Nestlé. Der Spanier hatte von 2005 bis 2022 den Modekonzern Inditex geleitet und verantwortete Marken wie Zara, Bershka und Massimo Dutti. Manche Beobachter werten seine Ernennung als Bruch mit der Nestlé-Tradition, die höchsten Positionen mit verdienten Managern aus den eigenen Reihen zu besetzen. Dies sei ein Signal für einen strategischen Neuanfang.

Isla sprach in der Mitteilung Bulcke seinen Dank "für sein Leadership und seinen unermüdlichen Einsatz für Nestlé" aus. Er habe das Unternehmen geprägt und die Basis für das nächste Kapitel geschaffen. Bulcke wird zum Ehrenpräsidenten ernannt. Das Vizepräsidium setzt sich derweil ab Oktober neu aus den Verwaltungsräten Dick Boer und Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch zusammen. Ineichen-Fleisch hatte bis Juli 2022 das Seco geleitet.


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