Airbus luchst MTU den Chef ab - Gewinn steigt stärker als gedacht (2. AF)
TOULOUSE/MÜNCHEN (awp international) - Der weltgrösste Flugzeughersteller Airbus steuert trotz eines überraschend guten Sommers auf einen turbulenten Jahresschluss zu. Das Ziel von 770 Flugzeug-Auslieferungen in diesem Jahr bleibe eine schwierige Aufgabe, sagte Vorstandschef Guillaume Faury am Mittwochabend in Toulouse. Er hofft, dass Triebwerkshersteller und andere Zulieferer trotz Engpässen genügend Bauteile liefern. Unterdessen luchst der Flugzeugbauer dem Münchner Triebwerkshersteller MTU den Chef ab: Lars Wagner soll künftig die grösste Airbus-Sparte leiten und auf diesem Posten Christian Scherer ablösen.
Am Finanzmarkt kamen die Neuigkeiten nach Börsenschluss gut an: Im nachbörslichen Handel auf der Plattform Tradegate legte die Airbus-Aktie im Vergleich zum Xetra-Schlusskurs zuletzt um mehr als zwei Prozent auf 143,98 Euro zu. Von ihrem Rekordhoch von fast 173 Euro aus dem März ist sie aber noch weit entfernt.
Wagners Wechsel zu Airbus ist eine Überraschung. Sein Vertrag bei dem Triebwerksbauer läuft noch bis Ende kommenden Jahres. Erst 2026 soll er zu Airbus wechseln. Wann genau er dort Scherers Aufgaben übernimmt, liess Faury offen. Es sei eine Übergangsphase geplant.
Bei dem Flugzeughersteller ist Wagner kein Unbekannter. Nicht nur baut MTU an dem Antrieb von Pratt & Whitney für viele Airbus-Flugzeuge mit - darunter Triebwerken für den viel gefragten Mittelstreckenjet A320neo und den Kampfjet Eurofighter. Vielmehr hatte Wagner vor seinem Antritt bei MTU im Jahr 2015 selbst in mehreren Führungsfunktionen bei Airbus gearbeitet - zuletzt in Hamburg.
Bei MTU war er Anfang 2023 nach mehreren Jahren als Technik-Vorstand an die Vorstandspitze aufgerückt und hatte dort den langjährigen Chef Reiner Winkler abgelöst. "Seine Entscheidung, das Unternehmen nach Erfüllung des aktuellen Vertrags verlassen zu wollen, habe ich mit grossem Bedauern zur Kenntnis genommen", sagte Aufsichtsratschef Gordon Riske. Der Aufsichtsrat werde sich nun kurzfristig mit der Klärung der Nachfolge befassen.
Anders als Wagner bei MTU will Faury den Chefposten bei Airbus behalten: Die Aktionäre des Flugzeugbauers sollen den Manager auf der Hauptversammlung im kommenden Jahr in seiner Funktion bestätigen. Unterdessen arbeitet die Airbus-Spitze daran, ihre Produktions- und Gewinnziele in diesem Jahr zu erreichen und den immer weiter wachsenden Berg an Flugzeugbestellungen abzuarbeiten. Das erweist sich alles andere als einfach.
So hatte sich Faury Ende Juni wegen der anhaltenden Engpässe bei Zulieferern von seinem Plan verabschiedet, in diesem Jahr 800 Passagierjets auszuliefern. Selbst die jetzt geplanten 770 Jets erweisen sich als Herausforderung. "Wir hoffen, dass wir am Ende des Jahres keine Segelflugzeuge bauen müssen", sagte Faury mit Blick auf die Lieferprobleme der Triebwerkshersteller.
An Aufträgen mangelt es dem Konzern jedenfalls nicht: Ende September sass Airbus auf Bestellungen über fast 8750 Passagier- und Frachtjets. Bei den Mittelstreckenjets aus der A320neo-Familie ist der Hersteller bis Ende des Jahrzehnts ausgebucht. Nach etlichen Verzögerungen lieferte Airbus Ende Oktober auch das erste Exemplar der A321XLR aus. Die neue Variante des Mittelstreckenjets A321neo ist der kleinste Langstreckenjet der Welt. Erste Abnehmerin ist die zum IAG-Konzern gehörende spanische Fluggesellschaft Iberia.
Den Ausbau der gesamten A320neo-Produktion hatte Airbus im Juni ein weiteres Mal verschoben. Wegen der Engpässe bei Zulieferern soll die angepeilte Produktionsrate von 75 Maschinen pro Monat erst 2027 erreicht werden. Auch beim Ausbau der Produktion des Grossraumjets A350 könnte es Probleme geben, liess Faury am Mittwoch wissen. Im Jahr 2028 will Airbus monatlich zwölf Maschinen der Reihe bauen.
Gar nicht rund lief es zuletzt in der Raumfahrtsparte. Wegen enormer Verluste im Satellitengeschäft will der Konzern deshalb bis zu 2.500 Stellen streichen, wie Mitte Oktober bekannt wurde. Weil die Kosten explodierten, hatte Faury im Juni auch sein Gewinnziel für den Gesamtkonzern zusammengestrichen: Der um Sonderposten bereinigte Gewinn vor Zinsen und Steuern (bereinigtes Ebit) soll statt der ursprünglich angepeilten 6,5 bis 7 Milliarden Euro seither nur noch 5,5 Milliarden Euro erreichen.
An den gekappten Zielen hält der Manager auch jetzt noch fest - auch wenn Airbus nach neun Monaten erst 497 Passagierjets an seine Kunden übergeben hat. Die Zahlen vom Oktober liegen bisher nicht vor. Doch für November und Dezember erwartet Faury bereits ähnliche Herausforderungen wie in den vergangenen Jahren. Da hatte das Unternehmen innerhalb eines Monats wiederholt mehr als 100 Flugzeuge ausgeliefert.
Finanziell lief es für Airbus im dritten Quartal jedenfalls wieder deutlich besser. Unter dem Strich verdiente der Konzern 983 Millionen Euro und damit 22 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie er nach Börsenschluss in Toulouse mitteilte. Der Gewinn im Tagesgeschäft (bereinigtes Ebit) wuchs sogar um 39 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro und übertraf die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten klar.
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Betroffene Instrumente
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Airbus Br Rg | 140.12 |
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