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Unternehmensergebnis   23.07.2025 16:03:31

SAP-Chef: Bauen weiter Stellen ab - 'Überregulierung' in Europa bremst

WALLDORF (awp international) - Europas grösster Softwarehersteller SAP will auch weiter beim Personal sparen. Anstelle grosser Streichrunden wie im vergangenen Jahr will das Dax -Schwergewicht künftig aber kontinuierlicher vorgehen. "In einem Jahr können es dann mal ein, manchmal auch zwei Prozent der Stellen sein, die wegfallen", sagte Vorstandschef Christian Klein am Mittwoch im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. "Die SAP wird mitarbeiterseitig aber insgesamt weiter wachsen, nur eben weniger schnell als der Umsatz - weil wir in Wachstumsbereichen auch neue Stellen schaffen."

Anfang 2024 hatte SAP den Abbau von 10.000 Stellen eingeleitet, der mittlerweile abgeschlossen ist. Die Mitarbeiterzahl liegt mit aktuell knapp 109.000 durch Neueinstellungen aber trotzdem etwas höher als Anfang vergangenen Jahres, als es weniger als 108.000 waren. Grosses Potenzial zum Sparen sieht das Management zum einen im Vertrieb, aber auch in der Entwicklung von Software. Helfen soll Künstliche Intelligenz (KI).

"KI kann im Vertrieb unterstützen, etwa bei der Vorbereitung von Kundengesprächen und der Dokumentation. Es ist aber nicht so, dass wir künftig keine Menschen mehr im Vertrieb haben", sagte Klein. So baut SAP derzeit das Partnernetz unter anderem mit Unternehmensberatungen massiv aus und überlässt laut dem Manager den Vertriebspartnern auch einige Teile des eigenen Geschäfts. Das zahle sich aber durch schnelleres Wachstum aus, so Klein. "Auch in der Entwicklung der Software werden verschiedene Aufgaben automatisiert. Es gibt Jobprofile, wo wir künftig weniger Bedarf haben werden. Aber es gibt auch andere Jobprofile, wo unser Bedarf wächst. Zum Beispiel bei KI und Daten. Klar ist, dass sich praktisch jede Jobfunktion in der SAP durch KI verändern wird."

Die Investitionen in Deutschland will SAP ausweiten. "In den vergangenen fünf Jahren sind in Deutschland bei SAP rund 10 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung geflossen. Bis 2027 bauen wir die Investitionen um zwei Milliarden aus", sagte Klein. Der Konzern ist Teil der Investitionsinitiative der deutschen Wirtschaft, die Anfang der Woche ihre Vorhaben bei Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) vorstellte. "In Deutschland investieren wir weiter am meisten, obwohl es nicht unser grösster Markt ist und wir mittlerweile in Indien den grössten Entwicklungsstandort besitzen", sagte Klein.

Aber Klein hat auch Forderungen an die Politik. "Wir sehen auf europäischer Ebene definitiv Handlungsfelder, vor allem bei der Überregulierung", forderte der Unternehmenschef. "Wenn Europa auf diesem Pfad weitermacht, würde sich die Wettbewerbsfähigkeit hiesiger Unternehmen - und auch die von Europa insgesamt - massiv verschlechtern."

"Wenn Datenschützer uns Offenlegungspflichten für Algorithmen auferlegen, die wir in 400.000 Kundenverträge aufnehmen sollen - dann ist das hochgradig schädlich fürs Geschäft", kritisierte Klein. Regelungen aus Brüssel für eine einheitliche Anwendung in Europa könnten sinnvoll sein. "Aber wir erleben stattdessen immer wieder, dass Brüssel Regeln erlässt und die von den EU-Mitgliedsländern zusätzlich obendrauf gepackt werden - und manchmal auch umgekehrt. Das kann nicht sein."

"Unser Versprechen ist: Wir brauchen keine industriepolitischen Fördergelder", sagte der SAP-Chef. "SAP ist vielmehr bereit, selbst zu investieren, aber wir brauchen dafür den richtigen regulatorischen und politischen Rahmen."

Auch bei den geplanten KI-Gigafactories hält er Verbesserungen für notwendig, ihnen fehle schliesslich die Auslastung mit den entsprechenden KI-Anwendungen: "Derzeit scheitert kein KI-Nutzungsfall daran, dass die Rechenzentren fehlen. Mein Vorschlag wäre, die Nutzung von KI im Mittelstand und in der Industrie zu fördern. Daraus entsteht dann echte Nachfrage nach Rechenzentren - und wir bauen sie, wenn sie gebraucht werden."

Ärger hat SAP derzeit mit dem Münchner Rivalen Celonis. Der bietet Software zur Geschäftsprozessanalyse und -verbesserung an und hatte in den USA eine Klage gegen die Walldorfer eingereicht wegen angeblicher Wettbewerbsbehinderung. Demnach soll SAP Drittanbieter von Software bei seinen eigenen Kunden behindern. Auch beim Bundeskartellamt hat Celonis nach Informationen von SAP eine Beschwerde eingereicht. Von einem SAP-Sprecher hiess es dazu: "Wir stehen hierzu bereits im Austausch mit den Behörden. Da es sich um einen laufenden Vorgang handelt, möchten wir derzeit nicht weiter kommentieren." Zuvor hatte die "Wirtschaftswoche" über Untersuchungen des Kartellamts berichtet.

Auch Klein wollte sich zu dem Streit selbst nicht äussern. Das Geschäft der eigenen Tochter Signavio, die SAP auch übernommen hatte, um Celonis mehr entgegensetzen zu können, laufe gut. "Natürlich bieten wir die Software von Signavio mit unseren restlichen Paketen an und verknüpfen diese. Das fordern unsere Kunden und das läuft erfreulich für uns", sagte Klein.


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