Wdh Ausblick Swiss Re: Nach Gewinnwarnung wenig Überraschung
Zürich (awp) - Der Rückversicherer Swiss Re gibt am Donnerstag, 14. November, die detaillierten Ergebnisse zu den ersten neun Monaten bzw. zum dritten Jahresviertel 2024 bekannt. Nach der Gewinnwarnung von letzter Woche ist bei der Swiss Re der Schuss aber mehr oder weniger draussen.
FOKUS: Der Konzern erhöht die Rückstellungen im US-Haftpflichtgeschäft (P&C Re) im dritten Quartal 2024 um 2,4 Milliarden US-Dollar. Insgesamt belaufen sich die Aufstockungen dieses Jahr damit bereits auf 3,1 Milliarden US-Dollar. Dies schlägt auf den Gewinn: Für das dritte Quartal 2024 wird nun noch ein kleiner Gewinn von rund 0,1 Milliarden erwartet, für die ersten neun Monate 2024 werden es damit rund 2,2 Milliarden Dollar sein.
"Abgesehen von der Erhöhung der Rückstellungen für das US-Haftpflichtgeschäft waren im dritten Quartal in allen Geschäftseinheiten der Gruppe gute Ergebnisse im Underwriting und bei den Kapitalanlagen zu verzeichnen", erklärte die Swiss Re vergangene Woche.
Im Zentrum des Interesses steht nun die Belastung durch Naturkatastrophen. Alleine die beiden Hurrikane "Helene" und "Milton" von Ende September bzw. Anfang Oktober dürften nach Schätzungen des Versicherers Aon Schäden zwischen 34 und 54 Milliarden Dollar verursacht haben (s. pro Memoria). Damit dürften die Belastungen für die Swiss Re das Budget für Grossschäden in der Rückversicherung im dritten Quartal wahrscheinlich übertreffen, schätzen Analysten.
Ein Thema bei der Swiss Re werden auch die Unwetter in Spanien sein, bei denen vor zwei Wochen mehr als 200 Menschen starben. Ersten Marktschätzungen zufolge dürften die Schäden insgesamt die Milliardengrenze übersteigen. Unklar ist noch, wie teuer die Sommer-Unwetter in der Schweiz werden.
Auf der anderen Seite treiben solche Katastrophen auch die Versicherungspreise hoch. So drängt der weltgrösste Rückversicherer Munich Re Erstversicherer wie Allianz und Axa angesichts immer teurerer Schäden zu weiteren Prämienerhöhungen bei deren Kunden.
ZIELE: Die Swiss Re hat mit der Gewinnwarnung ihre Jahresziele gesenkt: Neu erwartet der Konzern einen Reingewinn von mehr als 3 Milliarden Dollar (bisher: über 3,6 Mrd). Zudem erwartet die Swiss Re, dass die Sparte P&C Re den angestrebten Schaden-Kosten-Satz von weniger als 87 Prozent im Jahr 2024 aufgrund der erhöhten Rückstellungen im dritten Quartal nicht erreichen wird. Dagegen seien die anderen beiden Sparten auf Kurs zu den Jahreszielen, hiess es in der Gewinnwarnung. So soll die Erstversicherungssparte Corporate Solutions eine Combined Ratio von weniger als 93 Prozent erreichen. Und die Lebensparte soll einen Gewinn von rund 1,5 Milliarden Dollar einfahren.
In den kommenden Jahren sieht die Swiss Re im Cyber-Geschäft oder in der Engineering-Rückversicherung für die Baubranche gute Wachstumschancen.
PRO MEMORIA: Der Hurrikan "Milton" zog Mitte Oktober über den US-Bundesstaat Florida und hinterliess eine Schneise der Verwüstung. Rund drei Millionen Haushalte hatten keinen Strom mehr. Über 80'000 Menschen suchten in Notunterkünften Schutz. Millionen Menschen waren im Vorfeld zur Evakuierung aufgerufen worden. Allerdings traf das schlimmste Szenario nicht ein. Die Sturmflut war nicht so gravierend wie bei Hurrikan "Helene", der etwa zwei Wochen zuvor in der Region schwere Schäden angerichtet hatte. "Helene" war über den Südosten der USA gezogen und hatte in mehreren Bundesstaaten Verwüstungen hinterlassen. Weit über 200 Menschen verloren ihr Leben.
Der Versicherer Zürich und der deutsche Rückversicherer Munich Re haben schon Schadenschätzungen für die Hurrikane "Helene" und "Milton" in ihren Bilanzen bekannt gegeben. So erwartet die Zurich insgesamt für die beiden Ereignisse Schadenzahlungen von 360 Millionen US-Dollar. Die Munich Re rechnet alleine für "Helene" eine halbe Milliarde Euro, hat aber noch keine Zahlen für "Milton" genannt.
Die US-Wetterbehörde NOAA ging davon aus, dass sich in dieser Saison zwischen 17 und 25 Tropenstürme mit Windstärken von mindestens 60 Kilometern pro Stunde entwickeln. Und auch andere Institute haben überdurchschnittlich viele Hurrikane vorausgesagt.
Bereits in der ersten Jahreshälfte haben Unwetter, allen voran schwere Gewitter in den USA, weltweit milliardenhohe Schäden verursacht. Laut den Anfang August publizierten Schätzungen des Swiss Re Institute haben sich die versicherten Schäden durch Naturkatastrophen auf 60 Milliarden Dollar belaufen. Hinzu kamen ab Juli das Sturmtief "Boris", das in Osteuropa grosse Überschwemmungen verursachte, sowie schwere Gewitter und Niederschläge in Frankreich, Grossbritannien oder Skandinavien.
Auch die Schweiz war betroffen: Im Juni wurden vor allem die Kantone Wallis und Tessin sowie das Misox im Graubünden von Regenmassen, Überschwemmungen oder Felsstürzen hart getroffen. In der zweiten Jahreshälfte ereigneten sich weitere Unwetter, wie etwa die Gewitter im Berner Oberland.
Im ersten Halbjahr hat die Swiss Re aus Vorsicht die Rückstellungen für Naturkatastrophen und von Menschen verursachte Grossschäden um eine halbe Milliarde Dollar aufgestockt. Denn es sind Grossschäden passiert, die dem Versicherer noch nicht gemeldet worden sind.
Im US-Haftpflichtgeschäft hatte sich die Swiss Re bereits bisher sich bei der Zeichnung von Policen vorsichtig gezeigt. In diesem Geschäft sind die Schadenkosten für Erst- und Rückversicherer in den letzten Jahren sprunghaft angestiegen. Die Swiss Re sei im US-Haftpflichtgeschäft im Vergleich zu anderen Sparten und zur Konkurrenz "untergewichtet" mit einem Marktanteil von deutlich unter 10 Prozent, erklärte der Konzern am Rückversicherertreffen im September in Monte Carlo.
Denn die Sammelklagen gegen Industrieunternehmen machen der Assekuranz zunehmend zu schaffen - vor allem in den USA. In den vergangenen zehn Jahren trieben laut der Swiss Re in erster Linie Prozesskosten die US-Haftpflichtschäden um 57 Prozent nach oben. Allein im Jahr 2023 habe dieser Anstieg 7 Prozent betragen, berichtete der Konzern in einer Studie.
Die Swiss Re muss sich laut einem Medienbericht gemeinsam mit anderen Versicherern vor einem Gericht in London wegen der Kosten für Hunderte in Russland festgesetzter Flugzeuge verantworten. Die Eigentümer der Flugzeuge fordern von den Unternehmen Schadenersatz von insgesamt über 3 Milliarden US-Dollar für die Maschinen, die nach Beginn des Ukraine-Kriegs gestrandet sind. Bei den Flugzeugen handelt es sich offenbar mehrheitlich um Airbus- und Boeing-Maschinen, die von russischen Airlines gemietet wurden. Der Wert der rund 500 beschlagnahmten Flugzeuge beläuft sich auf etwa 10 bis 12 Milliarden Dollar. Die Flugzeugvermieter argumentieren, dass die Maschinen nicht mehr rückholbar seien und dadurch für sie ein versicherter Verlust entstanden sei. Die Versicherer stellen sich Medienberichten zufolge wiederum auf den Standpunkt, dass die Flugzeuge nicht verloren seien. Die Swiss Re hatte im Zusammenhang mit Schäden im Ukraine-Krieg im ersten Quartal 2022 vorsorglich Rückstellungen in der Höhe von 283 Millionen Dollar gebildet.
Die Swiss Re hat das europäische Sach- und Haftpflichtversicherungs-Geschäft (P&C) von Iptiq zu einem nicht genannten Preis an den deutschen Versicherungskonzern Allianz verkauft. Der Online-Versicherer der Allianz-Gruppe wird auch mehr als 100 Mitarbeiter in der Schweiz, Deutschland, Spanien, den Niederlanden und Italien übernehmen. Der Rückversicherer hatte vergangenen Mai den Rückzug von Iptiq angekündigt. Die 2016 gegründete Gesellschaft hatte die Erwartungen nicht erfüllt - im Gegenteil: Wegen eines Goodwillabschreibers stieg ihr Verlust im ersten Halbjahr 2024 auf 182 Millionen Dollar von 106 Millionen im Vorjahr.
Bei der Swiss Re kam es Mitte Jahr zur Wachablösung an der Konzernspitze. Der langjährige CEO Christian Mumenthaler hat den Rückversicherer verlassen und das Amt ab dem 1. Juli Andreas Berger übergeben. Mumenthaler war seit Juli 2016 CEO, insgesamt arbeitete er seit 25 Jahren für die Swiss Re. Der neue Swiss Re-Chef Andreas Berger leitete bislang die Firmen-Erstversicherungssparte "Corporate Solutions". Der Deutsche hatte mit der über Jahre schlecht performenden Sparte den Turnaround geschafft.
Zudem kommt es zu einem Wechsel auf dem Posten des Finanzchefs. Per Anfang April 2025 wird Anders Malmström als CFO John Dacey ablösen, der sich dann in den Ruhestand verabschieden wird. Malmström wird bereits Anfang 2025 zur Swiss Re stossen.
AKTIENKURS: Mit einem Plus von rund 30 Prozent im bisherigen Jahresverlauf gehören die Swiss Re-Aktien zu den Favoriten unter den Blue Chips. Der Leitindex SMI hat im selben Zeitraum einen Anstieg um knapp 7 Prozent verzeichnet. Bereits im vergangenen Jahr entwickelten sich die Titel überdurchschnittlich.
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