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Politik, Regierung, Parlament, Bundesverwaltung   02.06.2025 20:30:14

Räte nähern sich bei Schaffung einer thermischen Stromreserve an

Bern (awp/sda) - Die Schweiz soll für Strom-Mangellagen besser gerüstet sein. Bei der Differenzbereinigung der entsprechenden Vorlage zur Schaffung einer thermischen Stromreserve näherten sich die Räte am Montag einander an. Dennoch muss der Ständerat über einige Punkte erneut befinden.

Eine Strommangellage wird vom Bund als grösstes Risiko eingestuft, noch vor einer Pandemie. Die Elektrizitätskommission (Elcom) wies in mehreren Berichten auf die Notwendigkeit einer gesetzlichen thermischen Stromreserve hin.

Die heute per Notrecht in der bis Ende 2026 geltenden Winterreserveverordnung verankerten Regeln sollen daher - mit der Änderung des Stromversorgungsgesetzes - auf eine gesetzliche Basis gestellt werden.

Diese besteht aus Reservekraftwerken, die mit Öl und Gas betrieben werden können, gepoolten Notstromgruppen und Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlagen (WKK-Anlagen). Die Wasserkraftreserve war zuvor bereits mit der Verabschiedung des Energie-Mantelerlasses gesetzlich verankert worden.

___ Keine Förderung von WKK-Anlagen

Die grosse Kammer strich am Montag - analog zum Ständerat - nach einer engagierten Diskussion die Förderung von Wärme-Kraft-Kopplungs-Anlagen (WKK) aus dem Stromversorgungsgesetz. Dies aber denkbar knapp - mit 97 gegen 94 Stimmen bei einer Enthaltung - und damit gegen einen entsprechenden Minderheitsantrag von Nicolo Paganini (Mitte/SG), der die Förderung der WKK-Anlagen im Gesetz verankern wollte.

Damit folgte der Rat am Montag der Mehrheit seiner Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek-N). Sie sah es als "nicht sinnvoll" an, "die beschränkten Mittel zur Förderung der erneuerbaren Energien für Anlagen einzusetzen, die in erster Linie mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, zumindest in der näheren Zukunft".

Paganinis Argument, WKK-Anlagen wären "systemdienlich" und würden "den Zubau von Fotovoltaik-Anlagen nicht konkurrenzieren, sondern ergänzen", fand im Rat kein Gehör.

___ Schwelle für Kostenerstattung niedriger angesetzt

Auch bei der Ermittlung der Entschädigung für grosse Stromverbraucher, die im Falle einer Mangellage vom Netz gehen sollen, ging der Nationalrat auf den Ständerat zu. Die grosse Kammer votierte stillschweigend dafür, dass die Bereitschaft zur Teilnahme an dem Mechanismus mit Ausschreibungen ermittelt werden soll.

Ausserdem soll ein zusätzlicher Anreiz für die Teilnahme geschaffen werden: Der Bundesrat soll auch Firmen, die die geforderte Energieintensität nicht erreichen, von den Kosten für die Stromreserve befreien können, sofern sie an der Verbrauchsreserve teilnehmen.

Zudem will auch der Nationalrat die Schwelle für eine Kostenerstattung für solch stromintensive Unternehmen neu ebenfalls niedriger ansetzen. Eine Minderheit, bestehend aus Mitgliedern der FDP, der Mitte und der GLP, wollte, dass sich die Pauschalabgeltung an den für die Unternehmen ausgebliebenen Erlösen orientiert. Auch sie unterlag im Rat deutlich.

___ Strafzahlungen bleiben ein Thema

So oder so geht das Geschäft erneut zurück an die kleine Kammer: Denn der Nationalrat will dem Bundesrat neu die Kompetenz zusprechen, dass weiteren Endverbrauchern die Kosten der Stromreserve teilweise zurückerstattet werden können.

Auch betreffend der Höhe der Strafzahlungen für Unternehmen, die ihre Pflichten im Rahmen der Teilnahme an der Stromreserve verletzen, sind sich die eidgenössischen Räte indes weiterhin uneins. Christian Wasserfallen (FDP/BE) wollte mit einem Minderheitsantrag dem Ständerat folgen und die Strafzahlungen so gestalten, dass sie mindestens das Doppelte und höchstens das Fünffache der Pauschalabgeltung betragen würden.

Der Rat folgte aber - ebenfalls mit deutlichem Votum - seiner Kommissionsmehrheit und will die Strafzahlungen am Jahresumsatz des fehlbaren Unternehmens bemessen.

Auch betreffend Handlungsspielraum der Landesregierung für die Auslösung der Stromreserve im Falle einer Strommangellage bleibt die Differenz zwischen National- und Ständerat bestehen: Die grosse Kammer will, dass der Bundesrat nur im Falle einer "unmittelbaren" Gefährdung des stabilen Netzbetriebs die Reserve auslösen darf.

Ein Minderheitsantrag hatte die Streichung des Wortes "unmittelbar" verlangt. Die Vorlage drohe sonst, "ein Papiertiger zu werden", sagte Nationalrat Wasserfallen - und wollte somit der Formulierung des Ständerates folgen, der das Wort noch gestrichen hatte. Auch dieser Antrag unterlag im Rat mit 165 zu 27 Stimmen deutlich.

___ Kritik an Reservekraftwerken

Energieminister Albert Rösti warb nach einigen skeptischen Voten vonseiten der Grünen und der SP emotional für die Verabschiedung der Gesetzesänderung. "Wenn dieses Gesetz abgelehnt wird, wäre das ein Super-Gau, wenn wir diese Sicherheit in der Schweiz nicht haben, eine Reserve einsetzen zu können", sagte der Bundesrat.

Aline Trede (Grüne/BE) hatte zuvor im Rat die Ankündigung des Bundesrates von Mitte Mai kritisiert, fünf neue Gasreservekraftwerke bauen zu wollen. Damit werde das Parlament "durch das Hintertürchen umgangen, wir haben noch nicht einmal fertig beraten", so die Nationalrätin. Sie deutete denn auch eine Ablehnung der Vorlage in der Schlussabstimmung an.

Rösti kritisierte das Votum als verantwortungslos. "Wie wollen Sie die Verantwortung für die Stromversorgung in diesem Land tragen, wenn Sie hier vorne solche Aussagen machen?" Ein Reservekraftwerk könne man nicht in einigen Monaten bauen, dafür brauche es mehrere Jahre, so der Bundesrat weiter.

Die Landesregierung habe den Auftrag, dass die Schweiz jederzeit Stromreserven habe. Durch den fehlenden Fortschritt z.B. bei der Wind- und Wasserkraft wegen Einsprachen von Umweltverbänden wäre es laut Rösti "schlicht fahrlässig" wenn man nicht dafür sorgen würde, dass die drei Reservekraftwerke, die bis 2026 zurückgebaut würden, ersetzt werden.


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