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Volkswirtschaft   01.08.2025 12:05:05

Experte: Eskalation des Handelskonflikts mit der Schweiz

Bern (awp/sda) - Mit dem Entscheid, die Schweiz mit 39 Prozent Zöllen auf Importe in die USA zu versehen, lässt US-Präsident Donald Trump den Handeskonflikt laut einem Experten eskalieren. Für die Schweizer Wirtschaft hat dies tiefgreifende Auswirkungen. Abhängig sind diese noch von der Frage, wie es für die Pharmaindustrie weitergeht.

Das Zollprogramm der US-Administration markiert gemäss Hans Gersbach, Co-Direktor der KOF Konjunkturforschungsstelle, eine noch schärfere Zäsur für die Schweiz als der "Liberation Day" im April, als Trump die neuen Zoll-Massnahmen zum "Schutz der USA" bekannt gab. Gegen die Schweiz werde eine maximale Drohkulisse etabliert, so der Experte.

Es müsse mit einer deutlichen Verringerung des Bruttoinlandprodukts (BIP) gerechnet werden. Sie könnte im Bereich von 0,3 Prozent bis 0,6 Prozent des BIP pro Jahr liegen. Somit sei mit mindestens 0,3 Prozent Rückgang zu rechnen, was jede Schweizerin und jeden Schweizer im Durchschnitt fast 300 Franken pro Jahr kosten würde.

___ Uhrenindustrie am stärksten betroffen

Gemäss dem Beratungsunternehmen KPMG dürfte die Uhrenindustrie mit US-Exporten von jährlich rund fünf Milliarden Franken am stärksten unter den Zöllen leiden. Stark betroffen sein dürften auch Präzisionsgeräte (zirka 3,7 Milliarden Franken), mechanische Geräte (3 Milliarden), Kaffee, Tee und Gewürze (eine Milliarde) sowie Aluminium- und Stahlprodukte (300 Millionen). Nach KPMG-Angaben gelten für Edelmetalle, Pharmazeutika, gewisse organische Chemikalien, elektronische Maschinen und Bestandteile sowie Plastik Ausnahmen.

Je nach Preiselastizität der Unternehmen dürfte laut KPMG eine Produktionsverlagerung in die USA interessanter geworden sein. Zusammen mit der Zoll-Massnahme beschloss Trump im April nämlich auch Entlastungen bei der US-Unternehmenssteuer. Wer bis Anfang 2029 eine Produktionsstätte in den USA baut und diese vor dem 31. Dezember 2030 in Betrieb nimmt, profitiert demnach von einer vollen steuerlichen Abziehbarkeit. Gleiches gelte für US-inländische Forschung und Entwicklung.

___ Grosses Fragezeichen für Pharmaindustrie

Nicht gebannt sei die Gefahr für die Pharmaindustrie (etwa 30 bis 40 Milliarden Franken Exporte in die USA). Für Medikamente drohe ein 100-Prozent-Zollsatz, der ab Mitte 2026 gelten könnte. Da es sich hierbei um den weitaus grössten Anteil an Exporten in die USA handle, hängen die Auswirkungen den KPMG-Einschätzungen zufolge massgeblich davon ab, wie es bei der Pharmaindustrie weitergeht.

Derzeit ist noch offen, welcher Zollsatz gelten soll. Sollte die Pharmaindustrie ebenfalls mit einem Zoll von 39 Prozent belegt werden, würden sich die BIP-Verluste des mehr als verdoppeln. Dass die Pharmaindustrie noch von den Zöllen ausgenommen ist, wirkt daher gemäss Thomas Gitzel, Chefökonom bei der VP Bank Group, noch mildernd auf die Auswirkungen.

Gitzel versucht ausserdem, etwas Hoffnung zu machen. Das Vorgehen Donald Trumps sei bekannt: Erst werde eskaliert, dann verhandelt und am Ende sei der Zollsatz deutlich niedriger. Gerade deshalb seien die Hoffnungen gross, dass die Schweiz am Ende ebenfalls mit niedrigeren Einfuhrgebühren kalkulieren könne. Die Schweizer Diplomatie dürfte bis zum 7. August auf Hochtouren laufen, um dem angekündigten Zollsatz doch noch zu entgehen, sagte der VP-Chefökonom.


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